ERÖFFNUNGSREDE VON JAN GOTTSCHALK
AUSSTELLUNG SPIEGELKABINETT
GALERIE GRÜNSTRASSE
BERLIN KÖPENICK
13.06.2025 – 09.08.2025
ERÖFFNUNGSREDE VON JAN GOTTSCHALK
AUSSTELLUNG SPIEGELKABINETT
GALERIE GRÜNSTRASSE
BERLIN KÖPENICK
13.06.2025 – 09.08.2025
Liebe Gäste, liebe Kunstliebhaberinnen und -liebhaber, Freunde der Galerie
Heidemarie Woitinek hat mich auserwählt für die Ausstellung „Spiegelkabinett“ eine Laudatio zu halten und mich eingeladen in ihr Atelier, um sie und ihre Arbeit kennenzulernen.
Ein Spiegelkabinett ist ein Ort voller Reflexionen, Vielschichtigkeit und überraschender Perspektiven. Es ist ein Raum, in dem sich unterschiedliche Bilder, Illusionen und Realitäten miteinander verweben. In einem solchen Kabinett begegnen wir nicht nur unserem eigenen Spiegelbild, sondern auch den vielfältigen Facetten der Persönlichkeit und der Welt um uns herum. Es ist ein Ort, der uns einlädt, tiefer zu blicken, zu hinterfragen und die eigene Wahrnehmung zu erweitern.
Ich folgte gern der Einladung Und so ist das ganze hier vielleicht gar keine Laudatio, sondern vielmehr ein Erfahrungsbericht.
Ich sehe begonnene Zeichnungen, Stillleben, kleine zeichnerische Experimente, noch im Prozess verweilend. Diese Stillleben ziehen mich in ihren Bann. Sie sind alles andere als still. Freie Formen, Tassen Teller, Früchte in schrägen Überschneidungen leicht aquarelliert bilden einen Formenkanon der ihr eigen ist. Zum Schluss nennt man es Komposition, sagt sie. In den Regalen und auf dem Boden schon gerahmte Zeichnungen, Aquarelle und Malereien. Zumeist Portraits. Und wieder habe ich das Gefühl, die Protagonisten zu erkennen ohne zu wissen wer sie sind. Was sie sind, kann ich sehen. Stark, selbstbewusst den Betrachtenden zugewandt. Viele Frauen, oder besser Damen, (auch nackt tragen sie gern strahlend farbige Handschuhe) meist im Brustportrait abgebildet. Ein gewisser Humor blickt aus den oft herausfordernd schauenden Gesichtern.
Aber das hat nichts mit Lustigkeit zu tun. Sondern mit der Lebensweisheit der Künstlerin. Viel braucht es nicht. Mit klaren, ungekünstelten, manchmal auch derben Strichen umreißt sie ihre Figuren skizzenhaft. Wie die Sprache der Künstlerin selbst
Ohne Umschweife auf den Punkt gebracht, was Sache ist. Hin und wieder tauchen auch Männer auf. Durchaus in männlicher Pose, gleichfalls stark, aber nie beherrschend. Ich denke an ein ausgelassen über das Parkett schwofendes Paar, das sich dem Moment hingibt und nicht zu erkennen gibt, wer den Tanz führt. Ich lasse mich entführen in den Kosmos von Heidi Woitinek.In kurzen Worten: mit beiden Beinen auf dem Boden der Realität stehen, die Wahrheit sehen, sie in der Kunst suchen, wenig Umwege einschlagen, Disziplin und unverwüstliches Gefallen am Wandel.
Mir schwant langsam, dass hinter den Arbeiten, die mit dieser von vielen Künstler*innen gesuchten kindlichen Sicherheit sich selbst behaupten, mehr steckt, als ich mir zunächst eingestehen wollte. Wir befinden uns auf einem Feld, auf dem sich die Wahrheit der Kunst und die Wahrheit jenseits der Kunst berühren.
Heidi Woitineks Werke fordern auf, die Geschichten und Emotionen hinter den Gesichtern zu erforschen und die Tiefe des Menschseins zu erfassen. Und da ist es passiert.
Ich kann sie, liebe Gäste also nur auffordern, ihre Rüstungen abzulegen, den Blick wieder zu weiten und sich den Wahrnehmungen in diesem Spiegelkabinett uneingeschränkt hinzugeben. Neue Erfahrungen inbegriffen.
Genau diese Eigenschaften spiegeln sich in den Werken von Heidemarie Woitinek wider. Ihre Kunst ist geprägt von einer unermüdlichen Neugier und einer tiefen Lust am Leben. Sie hat ein bewegtes Leben geführt, das sie stets dazu angetrieben hat, Neues zu entdecken und ihre Sicht auf die Welt immer wieder neu zu gestalten.
Und in diesem Fall ist es ausgeschlossen Werk und Künstlerin voneinander losgelöst zu betrachten.
Vielen Dank
Laudatio von Jan Gottschalk
Straussübergabe von der Galeristin Brigitte Dennecke
Danksagung von H.Woitinek
Außenraum der Galerie Grünstrasse